Diese Zahlen zeigen, dass CDU und SPD keine Volksparteien mehr sind

Aufstehen.TV Presseshow: handelsblatt.com/politik/deutschland/hessen-wahl-2018/hessenwahl-diese-zahlen-zeigen-dass-cdu-und-spd-keine-volksparteien-mehr-sind-/23241118.html Christian Rothenberg
Bei der Landtagswahl in Hessen strafen die Wähler CDU und SPD ab. Nur eine Wählergruppe rettet die beiden vor dem Totalabsturz.
Das Ergebnis der Hessenwahl macht es für die Vorsitzenden von CDU und SPD nicht gerade einfacher.
Nahles und Merkel
Das Ergebnis der Hessenwahl macht es für die Vorsitzenden von CDU und SPD nicht gerade einfacher.
Düsseldorf - Minus 11,3 und minus 10,9 Prozentpunkte – das ist die haarsträubende Bilanz von CDU und SPD bei der Landtagswahl in Hessen. Die großen und stolzen Volksparteien sind zu mittleren normalen Parteien zusammengeschrumpft. Verschiedene Zahlen zeigen, warum CDU und SPD so abgestürzt sind.

Vor allem Grüne und AfD profitieren

Ein Blick auf die Wählerwanderungen: Die CDU verlor laut Infratest Dimap 99.000 Wähler an die Grünen und 96.000 an die AfD. Weniger ausgeglichen ist es bei der SPD. Sie musste 104.000 Wähler an die Grünen abgeben – die größte Wählerwanderung, die es bei der hessischen Landtagswahl gegeben hat. 38.000 Wähler wechselten von der SPD zur AfD. Die Sozialdemokraten sind die einzige Partei, die bei dieser Wahl im Saldo in alle Richtungen mindestens fünfstellig verloren hatte. Eine verheerende Bilanz.

CDU und SPD erreichen das Volk nicht mehr

Seit längerem wird viel über die Krise der Volksparteien geschrieben und gesprochen. Zahlen von Infratest zeigen, warum CDU und SPD sich eigentlich schon nicht mehr so bezeichnen können. Bei einer Vielzahl an gesellschaftlichen Gruppen stehen sie nämlich offensichtlich nicht mehr allzu hoch im Kurs.
So schneidet die SPD bei Wählern unter 24 Jahren mit 15 Prozent (-11) erschreckend schwach ab und die CDU mit 17 (-13) nicht viel besser. Die Grünen kommen in dieser Wählergruppe auf beachtliche 25 Prozent. Die SPD holt auch bei 25- bis 34-Jährigen und 35- bis 44-Jährigen magere 14. beziehungsweise 15 Prozent.
Bei der Aufteilung nach Berufen fällt die Partei sogar noch tiefer. Unter Selbständigen wählten nur 11 Prozent (-9) die Sozialdemokraten, unter Angestellten, die eigentlich mal zur Kernwählerschaft gezählt wurden, sind es nur 16 Prozent (-13).
Auswertungen der Forschungsgruppe Wahlen zeigen: Unter Personen mit Abitur als höchstem Bildungsabschluss holt die SPD lediglich 16 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Grünen sind es 27 Prozent.

Die SPD: sozial, war einmal

Jahrzehnte lang galt die SPD als die Partei der sozialen Gerechtigkeit. Diesen Nimbus hat sie inzwischen offenbar eingebüßt. Für 49 Prozent der Menschen ist laut Infratest die Linke die Partei, die sich am stärksten um sozialen Ausgleich bemüht, die SPD liegt mit 43 Prozent dahinter.
Dramatisch sind die Verluste der SPD auch in ihrer alten Kernwählerschaft. Bei Arbeitern rutscht die Partei in Hessen von 35 auf 22 Prozent ab. Die AfD schneidet mit 23 Prozent geringfügig besser ab.

Die Alten retten CDU und SPD – noch

Vor allem ältere Wähler bewahrten CDU und SPD vor einem noch schlechteren Wahlergebnis. Bei den mindestens 70-Jährigen holt die CDU 42 Prozent (2013: 51), die SPD 28. Bei Rentnern müssen beide Verluste hinnehmen, schneiden mit 39, beziehungsweise 28 Prozent aber noch vergleichsweise gut ab.
Die älteren Wähler sind eine wichtige Basis, aufgrund der Demografie sind sie für den Ausgang von Wahlen wesentlich einflussreicher als die jüngeren. Nur müssen die alten Volksparteien fürchten, dass ihnen in wenigen Jahren die Wähler wegsterben. Das hat einen Grund. Nur 14, beziehungsweise 13 Prozent sind der Ansicht, dass CDU oder SPD die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft bieten. Die Grünen stehen mit 24 Prozent deutlich besser da.

Hier trifft es CDU und SPD besonders

Einige Zahlen dürften die früher mal großen Parteien bei der Analyse ihrer Wahlniederlage besonders ärgern. So schnitten sie bei jüngeren Frauen in Städten dramatisch schlecht ab. Die SPD holte 14 Prozent, die CDU nur 13. Die Grünen kommen hier auf 37 Prozent. Bei nur noch knapp zweistelligen Werten kann man derweil nicht mehr von einer Volkspartei sprechen.
Die SPD muss auch in einer anderen Gruppe einen Absturz hinnehmen. Unter Personen mit Migrationshintergrund schneidet sie mit 17 Prozent unterdurchschnittlich ab. Dabei genoss die Partei in der Vergangenheit bei Zuwanderern häufig mit deutlichem Abstand vor den anderen den größten Zuspruch.

Volker Bouffier hat die CDU vor einem noch größeren Absturz bewahrt

Als großen Wahlsieger kann man Volker Bouffier bei Verlusten von mehr als 11 Prozentpunkten wahrlich nicht bezeichnen. Dennoch deuten die Befragungen der Institute darauf hin, dass die CDU wohl noch schlechter abgeschnitten hätte, wenn der Ministerpräsident bei weiten Teilen der Hessen nicht so positiv wahrgenommen würde.
64 Prozent der Hessen sind laut der Forschungsgruppe Wahlen der Ansicht, dass er seine Sache gut macht. Dabei genießt Bouffier nicht nur in den eigenen Reihen viel Zuspruch, sondern auch bei Anhängern von Grünen (72 Prozent) und FDP (69). Der Amtsinhaber wird dabei – auf einer Skala von -5 bis +5 – sogar noch etwas positiver wahrgenommen (+1,1) als bei der Wahl vor fünf Jahren (+0,8). Die Hessen-CDU erhält deutlich bessere Bewertungen (+1,5) als die Bundespartei (+0,5).

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